Wir bleiben zu Hause… und nehmen uns Zeit für Vorsorgedokumente!
Wir verdrängen dieses Thema gerne und schieben es immer wieder beiseite. Sich vorzustellen, dass einem selbst oder dem Partner etwas passieren könnte und man selbst zum Pflegefall wird – unerträglich. Umso wichtiger ist es jedoch, dass man für den Notfall vorbereitet ist. Dass wenn etwas passieren sollte, alles bereit liegt und man in dem Moment Zeit für das Wichtigste hat und nicht noch im organisatorischen Chaos versinkt, im Zweifel sogar vor Gericht. Immer noch glauben viele Menschen, dass automatisch Ehepartner, Eltern oder Kinder an ihrer Stelle entscheiden dürfen, wenn sie selbst ihre Angelegenheiten nicht mehr regeln können, weil Sie beispielsweise im Koma liegen oder aus anderen Gründen nicht mehr handlungsfähig sind.
Das ist ein Irrtum! Dritte benötigen IMMER eine Vollmacht, damit sie handeln können (Ausnahme: Eltern für ihre minderjährigen Kindern). Andernfalls wird eine Betreuung durch das Gericht verfügt. Vorsorge für diesen Fall ist daher sehr wichtig.
Die Vorsorge kann durch eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht und/ oder eine Betreuungsverfügung sowie eine Sorgerechtsverfügung für die Kinder erfolgen:
Patientenverfügung – mein verschriftlicher Wille, wenn ich ihn selber nicht (mehr) ausdrücken kann
Die Patientenverfügung sorgt dafür, dass Entscheidungen in Ihrem Sinne getroffen werden: In einer Patientenverfügung können Sie schriftlich für den Fall Ihrer Entscheidungsunfähigkeit im Voraus festlegen, ob und wie eine ärztliche Behandlung in bestimmten Situationen vorgenommen werden soll. Damit wird das Selbstbestimmungsrecht gewahrt, indem Einfluss auf eine mögliche Behandlung im Krankheits- oder Sterbefall genommen wird. Wichtig ist, dass Sie dabei möglichst konkret benennen, welche Maßnahmen auszuschöpfen oder einzuschränken sind oder welche vielleicht absolut abgelehnt werden. Eine solche Verfügung ist nicht nur für sich selbst wichtig, sondern entlastet auch Ihre Angehörigen. Ohne Verfügung müssen diese darüber entscheiden, was Sie gewollt hätten. Das ist oft enorm belastend – schützen Sie ihre Angehörigen vor dieser schweren Entscheidung!
Vorsorgevollmacht – wer soll für mich entscheiden, wenn ich nicht (mehr) selbst entscheiden kann?
Die Vorsorgevollmacht regelt, wer im Ernstfall für Sie handeln darf. Wenn Sie bestimmte Angelegenheiten aufgrund von Alter oder Krankheit nicht mehr selbst erledigen können, sollte mit einer Vorsorgevollmacht eine Vertrauensperson benannt sein, die für Sie rechtlich verbindlich handeln kann. Denn mit dem Eintritt der Volljährigkeit besitzen Sie keine*n automatischen Vertreter*in mehr. Ohne Vorsorgevollmacht, kann u.U. ein teures und kompliziertes gerichtliches Betreuungsverfahren erforderlich werden.
Den Umfang der Vollmacht können Sie frei bestimmen. Grundsätzlich wird eine umfassende Bevollmächtigung empfohlen, damit die bevollmächtigte Person auch alle denkbaren Angelegenheiten erledigen kann. Typischerweise wird deswegen Befugnis gegeben, in allen gesundheitlichen, vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten tätig zu werden.
Betreuungsverfügung – wer soll meine gesetzliche Betreuung übernehmen?
Haben Sie keine Vorsorgevollmacht erstellt oder bezieht sich die Vorsorgevollmacht nicht auf alle Bereiche legt das Betreuungsgericht im Ernstfall eine*n Betreuer*in für Sie fest. In der Betreuungsverfügung können Sie dem Gericht vorschlagen, wen das Gericht als Ihren rechtliche*n Betreuer *in bestellen soll. Das Gericht überprüft diese Wahl, denn es ist an den Vorschlag in der Betreuungsverfügung – im Gegensatz zu den Bestimmungen in der Vorsorgevollmacht – nicht gebunden.
Die rechtliche Betreuung wird nur für die Bereiche eingerichtet, in denen Ihre Angelegenheiten nicht durch einen in einer Vollmacht benannte*n Bevollmächtigte*n abgedeckt sind. Damit eine Betreuung oder ein Nebeneinander von Bevollmächtigung und Betreuung vermieden wird, ist es ratsam, mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht eine vom Gericht bestimmte Betreuung zu vermeiden. In der Vorsorgevollmacht sollte auch vermerkt werden, dass auch der/die bevollmächtigte Betreuer*in die gesetzliche Betreuung übernehmen soll, falls dies notwendig ist. Das ist zum Beispiel dann relevant, wenn die Vorsorgevollmacht nicht alle Regelungsbereiche umfasst oder insgesamt oder für einen Teil unwirksam ist.
Sorgerechtsverfügung – wer soll sich um meine Kinder kümmern, wenn ich das nicht (mehr) kann?
Als Eltern von minderjährigen Kindern gilt es auch für den Fall, dass man wegen einer Krankheit oder eines Unfalls handlungsunfähig ist oder sogar im Fall des eigenes Todes, für die Kinder vorsorgt. Mit einer Sorgerechtsverfügung können Eltern im Voraus festlegen, wer die Fürsorge in diesem Fall für die eigenen minderjährigen Kindern übernehmen soll. Eltern können auch festlegen, wer die Fürsorge nicht übernehmen soll. Andere Familienmitglieder übernehmen nicht automatisch die Fürsorge, sondern das Vormundschaftsgericht sucht einen geeigneten Vormund. Daher macht es Sinn, sich frühzeitig zu überlegen, wer als Vormund in Betracht kommt.
Formelle Voraussetzungen – was muss ich beachten?
Formell müssen eine Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung in Schriftform (auch am PC möglich) verfasst und handschriftlich (nicht am PC) unterschrieben sein. Formelle Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Sorgerechtsverfügung sind das handschriftliche Verfassen der gesamten Verfügung, Unterschrift, sowie Datum und Uhrzeit (nicht am PC möglich – sondern komplett handschriftlich!). Die Vorsorgedokumente müssen für ihre Wirksamkeit grundsätzlich nicht notariellen beglaubigt oder beurkundet werden. Eine Beglaubigung wird jedoch immer empfohlen.
Gerade zu Zeiten von Corona können die Vorsorgedokumente sehr hilfreich sein. Hat man sich mit Covid-19 infiziert und befindet sich in Quarantäne oder im Krankenhaus, kann man sich womöglich um einige Angelegenheiten nicht mehr kümmern oder sogar – bei einem schwierigen Verlauf – seinen Willen nicht mehr ausdrücken. Doch man muss noch nicht einmal krank sein, um die Vorzüge der Vorsorgedokumente zu nutzen. Menschen die zur Risikogruppe gehören sollten zur Zeit am besten nicht vor die Tür gehen. Ihre bevollmächtigten Vertreter*innen können Behördengänge und andere Angelegenheiten für Personen aus Risikogruppen erledigen.
Detaillierte kostenlose Informationen zu den einzelnen Dokumenten sowie Leitfäden und Vorlagen finden Sie auf der Seite des Bundesjustizministeriums.
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