Wenn das Lebensende die Zeit vorgibt
Die Diagnose: schwere Erkrankung mit verkürzter Lebenserwartung. Was nun? Wie geht es weiter? Was ist der nächste Schritt? An wen kann ich mich wenden? Besonders Zugehörigen gehen diese Fragen durch den Kopf. Daher ist es wichtig, die einzelnen Angebote genauer zu beleuchten: Welche Möglichkeiten der Versorgung gibt es? Was sind die Voraussetzungen? Worauf sollte geachtet werden?
Hinweis: Warum „ Zugehörige“ und nicht „ Angehörige“? Für einen Sterbenden Menschen sind oftmals nicht die Familienangehörige der wichtigste Bestandteil in der Begleitung, sondern es können auch Freunde, Nachbarn oder auch z.B. der eigene Hund sein. Auch hier sind wir an dem Punkt angelangt, zu schauen, was braucht der Sterbende in einer bestimmten Situation?
Was ist Palliativpflege?
Nach der WHO existiert die folgende Definition von Palliativpflege:„Palliativmedizin/ Palliative Care ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.“
Sterbende haben unterschiedliche Bedürfnisse und alle Versorgungsformen haben das gleiche Ziel, nämlich den Bedürfnissen gerecht zu werden.
Sterbende Menschen wünschen sich Selbstbestimmung, am liebsten im eigenen zu Hause, in einer vertrauten Umgebung, im Kreise von Nahestehenden. Der Wunsch ist möglichst keine Schmerzen zu ertragen, letzte Dinge zu regeln und auch ins Gespräch zu gehen und auf Fragen offene, ehrliche Antworten zu erhalten. Es geht in allen Palliativbereichen um eine Grundhaltung. Zeit haben, Dasein, zuhören, das Umfeld entlasten und beraten. Versuchen die letzten Wünsche möglich zu machen, den Menschen so anzunehmen, wie er ist und würdevoll zu begleiten.
Im Palliativbereich gibt es keine Verbote: der Sterbende darf essen was er sich wünscht, der Sterbende darf trinken was er möchte. Auch alkoholische Getränke und andere Genussmittel sind kein Tabu mehr. In der allerletzten Lebensphase ist die Mundpflege ein essenzieller Bestand der Palliativbegleitung. Sogar die Mundpflege darf mit Eiswürfeln z.B. aus Wein, durchgeführt werden.
Ängste, Bedürfnisse und Sorgen der Sterbenden und auch deren Zugehörigen werden gehört. Das Sterben wird angenommen und als Teil des Lebens gesehen. Dies fällt den Zugehörigen oft nicht leicht, daher ist in diesem Bereich ein Multiprorofesionelles Team unabdingbar. Eine umfassende professionelle palliativmedizinische und -pflegerische Betreuung, sowie verlässliche psychosoziale und spirituelle Begleitung finden in der Hospiz-Palliativbewegung Platz.
Welche Möglichkeiten der ambulanten Versorgung gibt es?
Der Hospiz- und Palliativbereich hat das Ziel, den Menschen größtmögliche Autonomie bis zuletzt sicherzustellen. Dies ist durch eine breit aufgestellte Versorgungsstruktur möglich. Dafür gibt es unterschiedliche ambulante Versorgungsmöglichkeiten:
- Niedergelassene Ärzt*innen übernehmen die kontinuierliche Betreuung, meist über Jahre hinweg.
- Ambulante Hospizdienste/ Hospizgruppen: überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen, welche eine spezielle Qualifizierung über ein Jahr durchlaufen haben, beraten und begleiten Patienten und deren Zugehörige im häuslichen Umfeld.
- Ambulante Kinderhospizdienste begleiten Familien von der Diagnose einer lebensverkürzenden Erkrankung an, im Leben und Sterben und über den Tod hinaus. Ausführliche Informationen und ein bundesweites Suchportal findet man auch beim Deutschen Kinderhospizvereins e.V.
- Allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV): versorgen Patienten, deren Erkrankung weit fortgeschritten ist. Diese ambulante Versorgungsform besteht aus niedergelassenen Haus- und Fachärzten und durch ambulante Pflegedienste und fließt in der Regel mit der üblichen häuslichen Pflege zusammen.
- Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV): reicht die AAPV nicht mehr aus, kommt die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung in Frage. Ein speziell geschultes Team (PCT= Palliativ Care Team= Palliativteam) ist 24 Stunden erreichbar. Im Bedarfsfall kommt die Pflegefachkraft vor Ort und berät, unterstützt und lindert Symptomlasten. Im Hintergrund ist immer ein Palliativarzt erreichbar, welcher hinzugezogen werden kann. Finanziert wird das durch die Krankenkasse.
Welche Möglichkeiten der stationären Versorgung gibt es?
Es ist nicht immer gewährleistet, dass der sterbende Mensch zu Hause in seiner Umgebung verbleiben kann. Wenn die Situation aufkommt, dass zu viele Symptome entstehen, mit denen die Zugehörigen nicht mehr umgehen können, kann es sein, dass der Sterbende auf einer Palliativstation oder in einem stationären Hospiz besser aufgehoben ist.
In diesen Settings darf der Zugehörige abgeben und einfach nur da sein, als Ehefrau, Ehemann, Kind….es muss sich nicht mehr um die medizinische, pflegerische Versorgung gekümmert werden.
Palliativstationen sind spezialisierte Einrichtungen eines Krankenhauses zur Versorgung von Menschen mit einer fortgeschrittenen lebensbegrenzenden Erkrankung. Diese besteht meistens aus einer geringen Bettenanzahl (ca. 10-16 Betten), ebenso ist ein erhöhter Personalschlüssel vorhanden. Diese Einheit bietet einen besonders geschützten Raum, um fordernde Situationen medizinisch, zielgerichtet und unter der Wahrung der Würde gestalten zu können. Ziel ist die weitestgehende Linderung der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität.
Es können palliative Chemotherapien/ Bestrahlungen, um den Krebswachstum zum Stillstand zu bringen und weiteres Wachstum zum Stillstand zu bringen oder die Ausbreitung über Metastasen zu verlangsamen, durchgeführt werden. Sollte eine Entlassung nicht mehr möglich sein, steht das multiprofessionelle Team von Palliativmedizinern und speziell geschulte Pflegefachkräfte, Seelsorge, ehrenamtliche Mitarbeitern, Therapeuten wie z.B. Musiktherapeuten dem Sterbenden und seinen Zugehörigen zur Seite.
Um die Lebensqualität zu fördern, stehen diverse Angebote zur Verfügung:
Aromapflege mit ätherischen Ölen, Musiktherapie, Kunsttherapie mit Kunsttherapeuten oder auch tiergestützte Therapie.
Auf Palliativstationen gibt es keine Besuchszeiten, da in dieser Lebensphase Zugehörige für den Erkrankten sehr wichtig sein können.
Ca. 15% der Krankenhäuser in Deutschland verfügen über eine der bundesweit rund 350 Palliativstationen.
Stationäre Hospize sind eigenständige wohnliche Einrichtungen mit geringer Bettenanzahl (ca. 8-12). Im Mittelpunkt stehen Menschen, welche im Hospiz Gast genannt werden, mit einer fortgeschrittenen lebensbegrenzenden Erkrankung und deren Zugehörigen mit ihren jeweiligen Bedürfnissen.
In einem Hospiz finden keine Therapien wie z.B. Chemotherapie mehr statt. Dies ist der große Unterschied zu einer Palliativstation.
Eine reine Symptomkontrolle steht hier im Vordergrund.
Die ganzheitliche Pflege und Versorgung werden durch haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen des Hospizes in Zusammenarbeit mit palliativmedizinisch erfahrenen (Haus-)Ärztinnen und Ärzten gewährleistet. Auch SAPV-Teams können Patienten im stationären Hospiz begleiten.
Auch hier gibt es keine Besuchszeiten.
Die Kosten werden zu 95% durch die Krankenkassen gedeckt, die restlichen 5 % sind durch Spenden auszugleichen. Bundesweit gibt es rund 260 stationäre Hospize.